Ukrainische Kinder
auf der Burg in Sicherheit

von Roland Beck

Von links: Klaus Koch, Jürgen Müller und Hubert Rapp, Prinz Georg Friedrich und Prinzessin Sophie, Klaus und Elke Kiunke, Ksenia Melashchenko, Carmen Soudani, Elena Pauls, Ina Andreytshuk und Maria Schmidke

Am Samstag, 5. März 2022, sind neun ukrainische Kinder und ihre zwei Pflegemütter sicher auf der Burg Hohenzollern angekommen – auf eine Initiative der Firma BlueBrixx und der Prinzessin Kira von Preußen-Stiftung.

Einem glücklichen Zufall und spontaner Hilfsbereitschaft ist es zu verdanken, dass die Kindergruppe aus dem süd-ukrainischen Saporischschja nun in Sicherheit ist: Vor rund zwei Wochen reiste Klaus Kiunke, Chef der Firma BlueBrixx aus Flörsheim, mit drei Mitarbeitern auf die Burg Hohenzollern, um dort mit Hausherr Georg Friedrich Prinz von Preußen zu besprechen, ob ein Modell der Burg aus BlueBrixx-Noppensteinen realisierbar wäre. Als Hersteller der Spiel-Bausteine ist er unter anderem auf die Entwicklung von bekannten Gebäuden spezialisiert. Bei dieser Gelegenheit führte Prinz Georg Friedrich seine Besucher durch die gesamte Burg, inklusive der Räumlichkeiten der Stiftung, in der seit nunmehr 70 Jahren sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche kostenlos Ferien verbringen können.

Am Tag darauf war den Medien zu entnehmen, dass sich die Lage in der Ukraine dramatisch zuspitzt und die ersten Flüchtlinge das Land verlassen. Klaus Kiunke und seine Frau Elke wollten helfen. Nur wie? Das Ehepaar rief Prinz Georg Friedrich an. Schnell kamen sie überein, gemeinsam eine Hilfsaktion zu starten und ukrainischen Kindern einen sicheren Platz zu bieten. Kiunke bot an, über seine Online-Kanäle Kontakte in die Ukraine zu knüpfen, um eine potentielle Gruppe ausfindig zu machen und über seine Firma finanziell zu unterstützen. Prinz Georg Friedrich und seine Frau Prinzessin Sophie sagten im Gegenzug spontan zu, die Räumlichkeiten der Prinzessin Kira von Preußen-Stiftung zur Aufnahme der Gruppe bereitzustellen.

Schnell hatte Elke Kiunke Kontakt zu drei Kindergruppen hergestellt. Doch den Kontakt aufrecht zu erhalten, erwies sich als schwierig. „Wir habe immer wieder SMS bekommen, in denen die Betreuer mitteilten, dass sie gerade nicht telefonieren können, da sie wegen Beschuss im Bunker sitzen müssen“, erzählt Klaus Kiunke. Doch nach mehreren Tagen konnte die Gruppe aus Saporischschja konkretisiert werden. Die beiden Pflegemütter Elena Pauls und Ksenia Melashchenko schafften es mit ihren neun Kindern im Alter von sechs bis 17 Jahren per Zug – teilweise mit 16 Personen in einem Viererabteil – bis zur ukrainisch-polnischen Grenze. Dort wurden sie von zwei polnischen Busfahrern erwartet, die das Ehepaar Kiunke über ein polnisches Busreiseunternehmen engagiert hatte und die sie mit einem Kleinbus bis zur Burg Hohenzollern fuhren. Insgesamt vier Tage war die Gruppe unterwegs, bevor sie in der Nacht zum Samstag völlig erschöpft auf der Burg ankam. Von den beiden anderen Gruppen schaffte es die eine, in einer kirchlichen Einrichtung in Warschau unterzukommen. Zur dritten Gruppe verlor sich leider der Kontakt. „Wir können nur hoffen, dass auch sie mittlerweile irgendwo in Sicherheit gekommen ist“, so Kiunke.

Mehrere Burg-Mitarbeiter hatten in der Zwischenzeit die Räumlichkeiten der Stiftung vorbereitet und Lebensmittel eingekauft. Bei der Ankunft der Gruppe stellten sie fest, dass die beiden Pflegefamilien nur sehr wenig Gepäck dabeihatten. Über private Kontakte zu Verwandten, Freunde und Nachbarn sowie über soziale Medien konnten sie aber in wenigen Stunden so viele Kleiderspenden generieren, dass die ukrainischen Gäste fürs erste mit Wechselkleidung versorgt werden konnten. Auch zahlreiche Spielsachen kamen so zusammen, um den Kleinen die Fluchtsituation etwas zu erleichtern. „Die spontane Hilfsbereitschaft von allen Seiten ist überwältigend“, so Burg-Mitarbeiterin Carmen Soudani, die der Gruppe in der Kira-Stiftung nun zur Seite steht.

Spontane Hilfsbereitschaft signalisierten auch gleich Firmen und Einrichtungen aus der Region. Klaus Koch etwa, der mehrere Edeka-Märkte im Zollernalbkreis betreibt, sagte auf Anfrage sofort zu, die Gruppe mit Lebensmitteln zu versorgen. Jürgen Müller und Hubert Rapp vom Hechinger Verein „Kinder brauchen Frieden e.V.“ steuerten 2300 Euro für notwendige Anschaffungen bei, etwa für Schulmaterial. Mitarbeiter der Firma Solar-Log aus Binsdorf stellten für alle Kinder und die beiden Mamas je einen Kulturbeutel mit Hygieneartikel zusammen. Das Hechinger Schuhhaus Weith sponserte warme Hausschuhe und die Firma Speidel aus Bodelshausen Unterwäsche.

Am Montag reisten Prinz Georg Friedrich und Prinzessin Sophie aus Potsdam sowie Klaus Kiunke und seine Frau Elke aus Flörsheim (bei Frankfurt) auf die Burg, um die Gruppe persönlich zu begrüßen und sich mit den Pflegemüttern Jelena Pauls und Ksenia Melashchenko, Klaus Koch, Jürgen Müller und Hubert Rapp auszutauschen. Burg-Mitarbeiterin Maria Schmidke und Ina Andreytshuk aus Burladingen standen dabei als Dolmetscherinnen zur Seite. Rührend dabei: Die ukrainische Gruppe überraschte Prinzessin Sophie, die just am Montag Geburtstag hatte, mit einem selbst gebackenen Kuchen sowie artistischen und musikalischen Darbietungen.

„Ich bin froh und dankbar, dass die jungen Gäste mit Ihren Pflegemüttern nach den furchtbaren Strapazen wohlbehalten angekommen sind. Es hat mich tief beeindruckt, wie tapfer sie mit der Situation umgehen. Neben Herrn und Frau Kiunke gilt mein Dank allen, die in den letzten Tagen spontan und mit so großem Engagement geholfen haben“, so Prinzessin Sophie.